Streitbar bleiben, nach vorn schauen

Dienstag, 2. Dezember 2014 by KSA

100 Jahre und kein Ende - Dieter Hofmann, Professor für Industrial Design/Produkt- und Systemdesign und Rektor der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, über Kunst und das "Burg-Jubiläum"

Verändert sich mit der Wandlung der Kunst, mit der digitalen Gesellschaft, mit der Schnelllebigkeit der Zeit auch der Status einer Kunsthochschule?

Eine Kunsthochschule braucht Wandel und Stabilität. Sie lebt einerseits nicht außerhalb der Zeit und sollte nicht nur wie ein empfindlicher Seismograf die Herausforderungen der Epoche erkennen, sondern als Vorreiter kulturelle Entwicklungen einer Gesellschaft entscheidend mitprägen. Andererseits vermittelt eine Kunsthochschule zeitlose Werte und benötigt eine eigene, unveränderbare Position, die sie manch sonderbaren Modephänomenen entgegenhalten muss, um die oben genannte Aufgabe erfüllen zu können.

100 Jahre sind eine lange Zeit. Welche besonderen Ereignisse kennzeichnen die Historie der Burg Giebichenstein?

Wenn ich an die Zeit denke, die ich selbst miterlebt habe, bleibt mir als besonders einschneidendes Ereignis vor allem das verheerende Hochwasser im letzten Jahr in Erinnerung. Das hat uns schwer getroffen und die Folgen sind noch immer nicht vollständig beseitigt. Historisch betrachtet ist die Burg natürlich ein Kind des 20. Jahrhunderts und hat sich dessen einschneidenden Ereignissen stellen müssen: Von den Weltkriegen über die Teilung Deutschlands bis hin zur Wiedervereinigung hat das alles die Hochschule stark geprägt. Auf der anderen Seite ist es der Burg auch in diesen politisch und gesellschaftlich turbulenten Zeiten immer gelungen, bei sich zu bleiben, sich nicht zum Spielball der Geschichte zu machen, sondern streitbar zu bleiben, nach vorne zu schauen und nach dem "Danach" zu fragen.


Worin sehen Sie für sich als Rektor in den nächsten Jahren die Hauptaufgaben? Und für die Burg?

Bei einem so großen, von den Vorgänger-Rektoraten sicher geführten Schiff gilt es, erst einmal Kurs zu halten und Richtungsänderungen behutsam vorzunehmen. In einem Meer oder Fluss gibt es stets Strömungen in verschiedene Richtungen. Dort fühlen sich besonders viele unterschiedliche Spezies wohl. Aus dieser Artenvielfalt entsteht ein gesundes und widerstandsfähiges Biotop. Genauso wie in der Natur gibt es diese Vielzahl an Strömungen auch an unserer Hochschule. Das ist Teil der besonderen Qualität der Burg. Sie gilt es zu bewahren und im Idealfall zu einem gemeinsamen Etwas zusammenzubringen.


Was raten Sie Absolventen, die auf der Suche nach einem Standort sind, an dem sie sich und ihre Kunst verwirklichen können?

Ich kann Absolventinnen und Absolventen, nicht nur aus der Kunst, sondern auch aus dem Design, nur empfehlen, den Standort nach den eigenen Bedürfnissen auszusuchen. Nicht immer bietet die extreme Konkurrenzsituation der bekannten Metropolen die besten Startbedingungen. Frogdesign hat für Apple zum Beispiel aus einem kleinen Schwarzwalddorf Produkte gestaltet und nicht wenige Künstler haben zwar ihre sie vertretende Galerie in großen Städten, leben und arbeiten aber woanders. Viele unserer Absolventen fühlen sich in Halle wohl. Damit diese nach dem Abschluss hierbleiben, ist es aus meiner Sicht wichtig, dass sich eine Region zu ihren Künstlern und Gestaltern bekennt.

 

Wie wird die Burg das Jubiläum nächstes Jahr begehen?

Wir versuchen über das ganze Jahr 2015 hinweg die Burg in ihrer ganzen Vielfalt darzustellen, mit Ausstellungen, Events und Aktionen. Dabei kooperieren wir auch mit unseren bewährten Partnern wie der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, den Franckeschen Stiftungen und der Moritzburg, um nur einige zu nennen. Die offizielle Eröffnung des Jubiläumsjahres findet im Februar statt. Im Mai gibt es eine gesonderte Festwoche. Wie bei jeder Geburtstagsfeier sind auch einige Überraschungen geplant, denen ich hier nicht vorgreifen möchte. Das Programm zum Jubiläum ist auf unserer Website zu sehen. Dabei wird es viele Möglichkeiten geben, mit uns gemeinsam zu diskutieren - und zu feiern. Wir hoffen auf viele Geburtstagsgäste! 

www.burg-halle.de

Dass die Region sich zu ihren Kreativschaffenden bekennt, zeigt sich unter anderem auch im BESTFORM /// MEHR /// WERT /// AWARD, dem Landeswettbewerb für Kooperationen zwischen Kreativwirtschaft und anderen Branchen. Für den BESTFORM Award 2015 kann man jetzt Bewerbungen einreichen!

Teilen

Kommentare

* = Pflichtfelder

Weitere Beiträge

Vorherigen Beitrag anzeigen Nächsten Beitrag anzeigen