IM GESPRÄCH MIT DEM BESTFORM-GEWINNER-STARTUP MOOSAIK

„WIR MÖCHTEN MIT PFLANZEN BIOLOGISCH SCHADSTOFFE FILTERN.“

7. Juni 2021

Das Start-Up MOOSAIK aus Magdeburg stellt duale Fliesen für Gebäudefassaden her, die ganz besonders sind: Die Vorderseite wird individuell gestaltet, und auf der Rückseite wächst Moos, das die Luft reinigt und Schadstoffe filtert. Damit hat das Unternehmen beim BESTFORM-Wettbewerb 2021 den ersten Preis gewonnen. Co-Gründerin Maren Huhle erklärt im Interview das Geschäftsmodell und den Gründungsprozess, und sie erzählt, wie sich der Unternehmensalltag seit BESTFORM verändert hat:

MOOSAIK stellt „duale Pflanzenwände“ für Gebäudefassaden her. Was verbirgt sich dahinter? 

Maren Huhle: Hinter der Bezeichnung verbergen sich Fassadenelemente, die beidseitig bepflanzt werden können. Die Frontseite ist austauschbar – wir haben Pflanzenfronten, Werbefronten und Kunstfronten, auch eine mit Insektenhotel, das können wir komplett nach Kundenwunsch anpassen. Auf der Rückseite jedes Elements ist immer das Moos, deswegen „duale“ Pflanzenwände. 

Wie seid Ihr auf Moos gekommen und wie läuft es damit?

Für Moos haben wir uns entschieden, weil es einen schadstofffilternden Effekt hat. Weil man Moos nicht direkt der Sonne aussetzen kann,  befindet es sich auf der Rückseite der Paneele. Bisher funktioniert das gut, wir müssen jetzt aber noch beobachten, wie hoch tatsächlich die Filterleistung h ist. Dazu gibt es schon verschiedene Studien, zum Beispiel vom Straßenbauministerium. An unseren Prototypen sehen wir uns nun an, wie hoch das Potenzial zur Schadstoffaufnahme am Ende wirklich ist.

Wie ist euer Unternehmen entstanden?

Wir – mein Kollege Marco Zierau und ich – waren gemeinsam ehrenamtlich in einem Verein tätig und kannten uns auch privat. Wir hatten verschiedene Ideen zu Nachhaltigkeit, und Fassadenbegrünung war am Anfang tatsächlich gar nicht das, worauf wir uns konzentriert haben. Aber wir wollten hier in Deutschland etwas Nachhaltiges mit Begrünungssystemen machen. Dann sind wir auf das Thema Moos gestoßen. Da gibt es zwar schon Produkte, die sind in der Regel aber sehr klein. So bietet ein Konkurrenzunternehmen Mooselemente an, die zwölf Quadratmetern groß sind. Das ist für unsere Ansprüche zu wenig Fläche. Solche Module sind in der Regel auch nicht winddurchlässig gebaut, haben also nicht unbedingt einen Filtereffekt. Dann gibt es auch mechanische Filtersysteme. Die brauchen allerdings immer Strom und sind in der Produktionskette nicht so nachhaltig. Uns war es aber gerade wichtig, im großen Rahmen nachhaltig Luft zu filtern – daher die Fassadenelemente mit Moos auf der Rückseite. Das war unser erster Schritt. Wir fanden die Idee toll, mit einer Pflanze biologisch Schadstoffe zu filtern. Darum haben wir uns gefragt, wie man das im größeren Rahmen umsetzen kann. Die Fassadenbegrünung war dann das Ergebnis.

Wie ist aus dieser Idee ein Unternehmen geworden?

Wir haben uns am Transfer- und Gründerzentrum der Uni Magdeburg vorgestellt. Dort hat man uns darin bestärkt, die Idee umzusetzen. Mit der Unterstützung des Gründerzentrums haben wir uns um ein Stipendium bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt beworben und haben es auch bekommen. Damit wurden wir anderthalb Jahre lang gefördert, um unsere Idee weiterzuentwickeln und schließlich Prototypen zu bauen.

War der Gründungsprozess schwierig? Wo habt ihr euch abgesehen vom Gründerzentrum noch Hilfe gesucht?

Wir haben als „Wissens-Angel“ Frank Lehmann an unserer Seite. Er war Geschäftsführer einer europaweiten Spritzgussfirma und hat uns im vergangenen Dreivierteljahr beraten. Jetzt ist er als Gesellschafter mit eingestiegen und finanziert uns in der ersten Runde. Außerdem hat er viele Kontakte in die Industrie, das ist wichtig für uns, weil wir viele Produktionspartner brauchen. Offiziell gegründet haben wir das Unternehmen dann Anfang Mai. 

Wer ist an der Herstellung der Fassadenelemente beteiligt und wie teilt ihr die Arbeit auf?

Momentan sind das mein Kollege Marco Zierau als technischer Leiter und ich. Er ist Maschinenbauer und hat Konstruktionserfahrung. Frank Lehmann ist dabei und ein Bauingenieur, der uns nebenbei unterstützt. Wir möchten bald noch einen Informationselektrotechniker einstellen, was wir dank Fördermitteln auch tun können. Ich habe Management und Kommunikationswissenschaft studiert, bin für die Geschäftsführung verantwortlich, kümmere mich um Marketing, Teamleitung und Organisation. Aber ich helfe auch mal beim Bauen und Bepflanzen – im Moment macht bei uns jeder alles.

Was sollte man wissen, wenn man eine Idee hat und gründen möchte?

Die erste Frage, die man sich dabei stellen sollte, ist, welche Unternehmensgesellschaftsform die richtige ist. Man muss sich also fragen, was man wirklich machen möchte und ob das marktfähig ist. Wir haben beispielsweise eine große Konkurrenzanalyse gemacht, um zu sehen, was für Produkte schon am Markt sind, ob es Investitionsbedarf und Abnehmer gibt. Unser Produkt ist sehr individuell, und es gibt davon noch nicht so viele, gerade in Sachsen-Anhalt. Dadurch sitzen wir in einer Nische – das ist natürlich auch Glück.

Hat sich durch den BESTFORM-Gewinn bei euch etwas verändert?

Auf jeden Fall. Der Wettbewerb war ein unglaublicher Multiplikator. Wir wären im Moment gerne weiter, als wir es sind – wir befinden uns noch in der Entwicklungsphase. Unser erster Prototyp an der Uni Magdeburg steht zum Beispiel erst seit einem Monat. Das nächste System wird schon wieder ganz anders aussehen. Perspektivisch wollen wir die Wände fernwarten können. Das heißt, es kommt noch mehr Elektronik dazu, das Ganze wird am Ende smart. Bis dahin sind es aber noch ein paar Schritte. Durch BESTFORM haben wir unglaublich viele Anfragen erhalten. Der Medienhype, den der Wettbewerb uns verschafft hat, ist unglaublich.

Was sind die nächsten Schritte für MOOSAIK?

Wir haben jetzt mehrere Abnehmer und bauen unser nächstes System. Wir evaluieren und optimieren viel – von der Konstruktion bis zur Bewässerung. Inzwischen haben wir viele Erfahrungen gesammelt. Wir entwickeln alles Schritt für Schritt weiter. 

Wir haben im Moment ein absolutes Luxusproblem: Wir können die Anfragen, die wir bekommen, leider noch nicht bedienen. Im Moment müssen wir um Geduld bitten. Aber bald können wir hoffentlich mehr Aufträge annehmen.

 

Hier geht es zur Website von MOOSAIK: http://moosaik.eu/

Bilder: MOOSAIK Magdeburg