Dem Sturm standhalten – eine Vision bekommt Aufwind: Interview mit Mario Spiewack von der SailWindTec aus Osterwieck, Magdeburg

27. Oktober 2022

Wirtschaftlich, ökologisch und eindrucksvoll: Dieser Dreiklang trifft auf die „Flower-Power-Windblumen“ des Start-Ups SailWindTec aus Osterwieck in Sachsen-Anhalt zu. Geschäftsführer Mario Spiewack gibt in einem Interview Einblicke in seine Arbeit, berichtet, wie sich die SailWindTec GmbH durch den BESTFORM /// MEHR /// WERT /// Award für kreative Ideen 2021 verändert hat und wie es in Zukunft mit seinem Unternehmen weitergehen soll.

Mit dem eigenen Hobby Geld verdienen? Dieser Traum geht momentan für Mario Spiewack in Erfüllung. Was mit Tüfteln an Segelwindtechniken angefangen hat, ist heute seine Aufgabe als Geschäftsführer. Neben der Administration und Vermarktung kümmert er sich mit seinem sechsköpfigen Team um Entwicklung, Design und Umsetzung verschiedener Energieprojekte. Dabei ist es ihm wichtig, nicht nur auf Masse zu produzieren. Seine Kundinnen und Kunden aus ganz Deutschland möchte er vor allem durch die Qualität seiner Produkte überzeugen. Wir fragten nach.

Erzählen Sie uns bitte von Ihrer Gründung und den Flower-Power-Windblumen, durch die Sie nicht nur in Sachsen-Anhalt bekannt geworden sind!

Mario Spiewack: Wir heißen SailWindTec: also Segel, Windkraft, Technik. Begonnen hat das Ganze als Hobby. Die Idee, nachhaltige Windkraftanlagen aus Textil zu gestalten, entstand gemeinsam mit Professor Christian-Toralf Weber der Hochschule Magdeburg-Stendal und aus einigen studentischen Projekten heraus.

Aus diesen Erfindungen haben wir dann unser Geschäft gemacht: Wir verwenden bionische Formen, um Energie zu erzeugen. Gleichzeitig sollen sie aber auch einen künstlerischen und skulpturalen Wert haben. Wir wollen, dass Menschen bei der Landesschau sagen: “Das hier sieht aus wie eine Blume und erzeugt dabei noch Energie. Das möchte ich vor meiner Haustür stehen haben.” Wir vereinen mit unseren Anlagen zudem die Möglichkeit der Energieerzeugung mit der Platzierung von Werbung: Denn auf den innovativen Flächen der Segel können unsere Kundinnen und Kunden individuell Werbeanzeigen darstellen. Kurz gesagt: Das Rad dreht sich im Wind und erzeugt auch Energie, aber ist eigentlich eher was zum Hingucken.

Wie sind Sie dazu gekommen, sich für den Landeswettbewerb BESTFORM zu bewerben?

Ich habe von einem anderen Gründerteam gehört, das den BESTFORM-AWARD gewonnen hat. Ich dachte, dass mein Thema auch gut passt. Wir haben uns beworben und mit unserer kreativen Erfindung den Titel “Vision des Jahres” erhalten, worüber wir uns immer noch sehr freuen. Denn an sich gibt es schon viele bionische Windkraftanlagen, die hauptsächlich im Ausland produziert werden. Diese sind jedoch immer noch sehr, sehr maschinell. Wir versuchen, durch die textilen Strukturen nicht so technisch zu sein. Deshalb ist es für uns eine große Ehre, dass dieses neue Konzept als “Vision” gut bei den Menschen ankommt und auch bei der Jury des AWARDs einen positiven Eindruck hinterlassen hat.

Wie hat diese Auszeichnung Ihre Arbeit verändert?

In der Außendarstellung ist so ein Preis sehr wertvoll. Diese besondere Auszeichnung zu haben und damit öffentlichkeitswirksame Unterstützung von institutioneller Seite zu bekommen, hilft jedem Unternehmen. Auf der anderen Seite erschwert das teilweise auch die tatsächliche Arbeit am Produkt, weil man dadurch viel mehr Pressearbeit leisten muss (lacht). Aber insgesamt bringt uns das nach vorne – sowohl in der Außendarstellung als auch in der Vermarktung deutschlandweit. Das begrüßen wir sehr.

Haben Sie sich durch den Landeswettbewerb mit anderen Gründerinnen und Gründern besser vernetzen können?

Ich habe so auch schon ein großes Netzwerk. Aber natürlich kommt man durch den Landeswettbewerb auch wieder mit ganz anderen Leuten in Kontakt. Vielleicht nicht zwangsläufig mit anderen Gründern, aber mit potenziellen Interessenten: Viele Privatunternehmen und Baufirmen sind dabei. 

Und wie steht es aktuell um Ihre Kundinnen und Kunden? 

Momentan habe ich bestimmt 50 Kunden, denen ich Anlagen verkaufen könnte. Mir geht es zunächst aber darum, dass unsere Projekte ausgereift sind, und wir nicht einfach irgendwas an unsere Kundinnen und Kunden geben. Deshalb ist mir unsere gute Referenz besonders wichtig. So kommen die Kunden von ganz allein. Das Ganze ist also “work in progress” und keine Massenanfertigung. Trotzdem haben wir unseren Umsatz verdoppelt im vergangenen Jahr. Das sagt für uns an sich aber nichts über unseren Erfolg aus. Uns geht es nicht nur um die Umsatzzahlen, sondern um die in der Entwicklung befindlichen Projekte. Da muss man auch mal bereit sein –und vor allem das Kapital haben – viel Geld in die Entwicklung zu stecken. In den letzten zwei Jahren haben wir beispielsweise ein paar 100.000 Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Irgendwann schlägt das Ganze aber wieder um.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir haben unterschiedliche Projekte, die wir aktuell planen und umsetzen. Unter anderem arbeiten wir mit dem Fraunhofer Institut zusammen, um vier Windkraftanlagen aufzubauen. Das sind auch immer unterschiedliche Modelle. Offiziell bieten wir vier verschiedene Typen an. Wir werden künftig sehen, was sich davon durchsetzen wird. Darauf werden wir dann genauer schauen. Außerdem sind wir in der Überlegung, ein Crowdfunding-Projekt anzustoßen. Dafür eignet sich der von uns entwickelte Handylader, der durch speziell entwickelte Elektronik auf Windkraft basiert.

Was können Sie Menschen mit auf den Weg geben, die gründen möchten?

Gründungen in Deutschland sind an sich ein schwieriges Thema wegen der vielen bürokratischen Hürden. Ich habe für mich festgestellt, dass man die richtigen Netzwerke und Partner finden muss, die einen bei der Gründung unterstützen. Es gibt viel ungenutztes Privatkapital in Deutschland. Man muss es nur sinnig akquirieren und den Zugang dazu finden. Gerade jetzt in Zeiten der Krise gibt es trotzdem immer noch viele Menschen, die bereit sind, ein spannendes Projekt zu finanzieren. Wichtig ist es meiner Meinung nach auch, ein gutes interdisziplinäres Team aufzustellen, das nicht nur aus Erfinderinnen und Erfindern oder Technikerinnen und Technikern besteht. Das reicht nicht aus. Mit den richtigen Leuten macht es Spaß, und man kommt voran. Sachsen-Anhalt bietet als Land für junge Gründerinnen und Gründer zudem viele Möglichkeiten, gerade durch viele unbebaute und günstige Flächen. Also: Wenn der Wille da ist, wird sich jede gute Idee durchsetzen, und man kann dem Sturm standhalten!

Mehr Informationen zur SailwindTec GmbH findet ihr unter sailwindtec.de/index.html

Foto: SailwindTec