Wie Magdeburgs Kultur durch den Winter kommt

15.12.2022

Hohe Energiepreise, steigende Inflation, Fachkräftemangel und weniger Ticketverkäufe: Der Winter stellt die Kultureinrichtungen in Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen. Ein Anstieg der Corona-Zahlen könnte die Lage weiter verschärfen. Wir schauen beispielhaft auf die Situation einiger Vertreterinnen und Vertreter der Branche in der Landeshauptstadt Magdeburg.

Viele Kultureinrichtungen trotzten den vergangenen Krisen mit Kreativität und Arbeitseifer und hielten das kulturelle Angebot in Sachsen-Anhalt so am Leben. Nun kommt der Winter, und nicht nur die hohen Energiekosten stellen die Branche erneut vor Probleme. Dazu suchen weniger Menschen kulturelle Veranstaltungen auf. Ursachen wie finanzielle Nöte, Angst vor Ansteckung oder die Erwartung, Veranstaltungen könnten kurzfristig abgesagt werden, sorgen für mehr Zurückhaltung beim Ticketkauf. 

Entlastung verspricht der „Kulturfonds Energie“, den Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) Mitte Oktober ankündigte.  Anfang November verständigte sie sich mit Bund und Ländern darauf, die Kultureinrichtungen mit einer Milliarde Euro zu unterstützen. Die Hilfe soll ab Januar greifen. Finanziert werden soll der Fonds mit ungenutzten Geldern aus dem Sonderfonds für Kulturveranstaltungen, der ursprünglich zur Absicherung von kulturellen Veranstaltungen gegenüber pandemiebedingter Risiken gedacht war. 

Die Hilfen sollen rückwirkend bis Oktober 2022 greifen. Parallel entwickeln viele Kultureinrichtungen in Sachsen-Anhalt eigenständig Ideen und Konzepte, um die bevorstehenden Mehrkosten auszugleichen. 

Kürzung des Programms

Das OLi-Kino in Magdeburg beispielsweise ist ein Lichtspielhaus mit Tradition. Seit 1936 gibt es das Kino im Bauhaus-Stil, das bereits einige Krisen erfolgreich gemeistert hat. Während der Corona-Pandemie retteten Fans den Kulturtreff über ein Crowdfunding-Projekt. Im Gespräch mit der „Volksstimme“ hat die Betreiberin des Oli-Kinos Ines Möhring erklärt, dass sie wieder über eine Geldsammel-Aktion nachdenkt. Zugleich ist sie sich jedoch darüber bewusst, dass aktuell eine große Mehrheit mit den höheren Lebenshaltungskosten kämpft.

Sorgenvoll blickt auch Frank Salender, der Betreiber des Studiokinos, in die Zukunft. Nachdem im August die Diskussionen zum Gaspreis konkreter wurden und enorme Energiekosten drohten, schloss das Studiokino für den September seine Türen. In einer Sendung des MDR-Kulturmagazins ‚artour‘ erklärt er: „Bei uns hat sich der Gaspreis fast vervierfacht, von 8.000 auf über 30.000 Euro – das geht natürlich gar nicht. Das hat uns umgetrieben und wir haben gesagt, wir machen erstmal eine Pause, um das für uns zu klären. Es hat sich aber nichts geklärt, gar nichts.“

Die Kulturszene in Magdeburg vernetzt sich

Um Programmkürzungen und Schließungen so gut es geht zu vermeiden, hat die kulturelle Szene in Magdeburg bereits während der Pandemie damit begonnen, sich miteinander zu vernetzen. Daraus ist das „Netzwerk Freie Kultur“ entstanden, eine Plattform, die „alle Akteurinnen und Akteure der freien Kulturszene Magdeburgs auf einer Plattform sichtbar und ansprechbar macht“, wie es auf der Seite des Netzwerks heißt. 

Ziel ist es, den Austausch zwischen den Kulturschaffenden zu verbessern, um so gemeinsame Positionen zu erarbeiten und nach außen vertreten zu können. Herzstück der Plattform ist eine Mitgliederdatenbank, wo sich potenzielle Projektpartnerinnen und -partner leicht vernetzen können.

Mehrfachbelegung und Mitmachprogramm

Eine konkrete Idee hat das Netzwerk bereits entwickelt. Um Energie zu sparen, können Veranstaltungsräume mehrfach genutzt werden. Im Interview mit dem MDR erklärt die Vorsitzende Sarah Thäger, die auch Leiterin des Literhauses in Magdeburg ist: „Wir versuchen mit Doppelbelegungen das Haus besser zu nutzen.“ Das könnte so aussehen, dass erst eine Lesung stattfindet und ein Konzert direkt folgt. Das Publikum könnte für solche Anlässe Kombitickets erwerben, so Thäger. 

Das Theater in der Grünen Zitadelle setzt hingegen auf Bewegung, um der Kälte zu trotzen. Die Bühne des Theaters befindet sich im Keller des Hundertwasserhauses. Im Sommer sind so angenehm kühle Temperaturen garantiert, doch im Winter kann der Saal schon mal empfindlich auskühlen. Der musikalische Leiter der Zitadelle, Enrico Scheffler, sagt im Gespräch mit dem MDR: „Wir haben ein lustiges Programm, und da wird immer mitgeklatscht und mitgeschunkelt. Also unsere Gäste werden gebeten, sich mitzubewegen.“ 

Ines Lacroix, die das Theater an der Angel leitet, fordert, dass sich auch die Kulturverwaltung kreativ einbringt und über alternative Finanzierungswege nachdenkt. Das alte Theater wird von der Stadt Magdeburg jährlich mit 10.000 Euro unterstützt – doch das Geld ist projektgebunden. Ines Lacroix wünscht sich, dass sie über die Gesamtsumme nach bestem Gewissen frei verfügen können. In ‚artour‘ sagt sie: „Wenn 10.000 Euro für Energie aufgebracht werden müssen, dann müssen sie dafür auch zur Verfügung stehen.“