„Ehrenamt ist unglaublich wichtig“

Handverlesene Events aus Magdeburg darzustellen: Das hat sich Magdeboogie auf die Fahne geschrieben. Seit zehn Jahren bietet die Initiative eine Plattform für kulturelle Geheimtipps – und das komplett ehrenamtlich. Die Vorständinnen Nadia Boltes und Julia Röhr im Gespräch über Engagement, Subkultur und die Bedeutung des Ehrenamtes.

Wer in Magdeburg Kunst und Kultur abseits des Mainstreams erleben will, ist bei Magdeboogie an der richtigen Adresse. Das Team um Nadia Boltes und Julia Röhr sammelt, kuratiert und veröffentlicht Veranstaltungen aus ganz Magdeburg – und vieles mehr.

Was verbirgt sich hinter Magdeboogie?

Julia Röhr: Magdeboogie ist eine Plattform für Veranstaltungen in Magdeburg. Dabei geht es vor allem um nichtkommerzielle Veranstaltungen von kleineren Kulturschaffenden, die nicht die Reichweite haben, um große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Diese Events bewerben wir vor allem im Veranstaltungskalender auf unserer Website. Zwei- bis dreimal pro Woche teilen wir außerdem Veranstaltungen auf Instagram. Ergänzt wird das durch Blogbeiträge und unseren Podcast.

Nadia Boltes: Zusätzlich gibt es Formate wie unser offenes Redaktionstreffen. Einmal im Jahr veranstalten wir zudem ein Netzwerkformat explizit für Kulturschaffende.

Wie sind Sie zu Magdeboogie gekommen?

Röhr: Ich studiere Journalismus und wollte etwas machen, wo ich meine Kompetenzen stärken kann. Ich bin der Plattform schon lange gefolgt, habe mich 2020 per Instagram „beworben“ – bin seitdem dabei und kümmere mich vor allem um Social Media.

Boltes: Magdeboogie ist entstanden, weil ein anderes Projekt – der „Kulturschwärmer“, ein Magazin mit Fokus auf Subkultur – gestorben ist. Da haben zwei Freunde von mir gesagt: Wir brauchen für die Stadt weiterhin eine Alternative zu den etablierten Magazinen. Sie haben mich angesprochen. Ende 2012, Anfang 2013 ging es dann mit Magdeboogie los, seit 2017 sind wir ein Verein.

Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben im Vorstand?

Boltes: Wir bilden den Vorstand gemeinsam mit einem dritten Mitglied, unserem Schatzmeister. Im Vorstand geht’s vor allem um die Vereinsverwaltung und darum, das Projekt strategisch voranzubringen, und natürlich um Finanzen. Ansonsten wahren wir aber eine flache Hierarchie und treffen die Entscheidungen in der Redaktion – gemeinsam mit denjenigen, die die meiste Arbeit und das meiste Herzblut in das Ehrenamt mit Magdeboogie stecken.

Und wie bringen Sie das alles unter einen Hut – gerade ehrenamtlich?

Röhr: Das fragen wir uns manchmal auch. Magdeboogie wächst stetig, und ich hätte gerne viel mehr Zeit für das Projekt. Aber wenn ich mir feste Zeiten einplane, zum Beispiel für den Redaktionsdienst, dann geht das schon. Ein Beispiel: Wenn ich in einer Woche Redaktionsdienst habe, kommt auch mal ein Instagram-Beitrag etwas zu spät. Dann erinnere ich mich dran: Wir machen das hier alle ehrenamtlich, und es ist okay, wenn man nicht immer perfekt nach Plan postet.

Boltes: Wir haben ein Grundgerüst mit Dingen, die wir gerne machen möchten. Alles, was dazukommt, ist Bonus, und das machen wir, wie wir es zeitlich schaffen. Je nach Kapazität bringen sich alle, die dabei sind, unterschiedlich ein. Wir sind immer miteinander im Gespräch, und so funktioniert die Organisation eigentlich sehr gut.

Worauf achten Sie bei der Themenauswahl?

Boltes: Wir achten grundsätzlich darauf, kleinere Kollektive zu unterstützen. Wir wählen Themen aus, die wir unterstützenswert finden. Wir bewerben keine parteipolitischen Veranstaltungen und positionieren uns klar gegen rechts. Manchmal bewerben wir auch Events, die zwar kommerzieller sind, aber unsere Zielgruppe ansprechen. Da versuchen wir dann zum Beispiel, Gewinnspiele zu integrieren, um auch Menschen die Möglichkeit zu geben, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, die sich das sonst vielleicht nicht leisten könnten. 

Welche Herausforderungen bringt es mit sich, dass Sie Magdeboogie ehrenamtlich und spendenfinanziert betreiben?

Boltes: Die größte Herausforderung ist Zeit. Für viele ist es normal, 40 Stunden zu arbeiten – für mich ist das eine starke Einschränkung, weil ich gerne mehr Zeit für andere Projekte hätte. Eine andere Herausforderung sind die Kosten. Hätten wir richtig viel Geld, würden wir vielleicht eine Magdeboogie-App entwickeln oder das Projekt an anderer Stelle weiterentwickeln – aber so, wie es ist, achten wir natürlich sehr darauf, Kosten zu sparen.

Und was sind die Vorteile am Ehrenamt?

Boltes: Wir sind froh, dass wir unabhängig sind. Wir sind nicht auf Werbung angewiesen. Das ist Fluch und Segen: Weil wir alles ehrenamtlich machen, haben wir keine bezahlte Struktur und können nicht immer so viel Zeit investieren, wie wir das gerne wollen. Aber das bedeutet auch Freiheit: Wir entscheiden, wie wir das Projekt gestalten.

Röhr: Unsere Followerzahlen steigen stetig, da denke ich mir schon manchmal: Das ist eine krasse Plattform. Die Tatsache, dass wir alles im Verein und als Ehrenamt machen, ist für mich dabei auch ein Auffangschirm. Wenn man mal eine Nachricht überliest, ist das kein Problem, weil die Menschen wissen: Wir machen das nebenbei. 

Was macht Ihnen an Magdeboogie am meisten Spaß?

Röhr: Das Zusammensein. Natürlich macht mir auch die Arbeit mit Social Media Spaß, aber die Redaktionstreffen sind besonders schön. Jede Person in der Redaktion ist auf andere Weise in Magdeburg vernetzt.

Boltes: Ich bringe gerne Leute zusammen, die sich so vielleicht nie begegnen würden. Ich erhoffe mir von Magdeboogie, einen Ort zu bieten, an dem Leute, die neu in die Stadt kommen, es leichter haben als ich damals, in Magdeburg anzukommen. Schöne Orte kennenlernen, Menschen treffen – auch das treibt uns an.

Wie wichtig ist ehrenamtliches Engagement, gerade in Sachsen-Anhalt?

Röhr: Weil wir auch als Verein engagiert sind, bekommen wir mit, was in Magdeburg alles ehrenamtlich passiert. Wenn es all dieses Engagement nicht geben würde, dann würde es hier ganz anders aussehen. Ich komme aus Sachsen-Anhalt, bin in der Altmark aufgewachsen und weiß: Es ist unglaublich wichtig. Das merkt man auch am Feedback, das wir bekommen.

Boltes: Ehrenamt füllt ja auch immer eine Lücke, die auf staatlichen Schultern gerade nicht getragen werden kann. Magdeboogie ist ein Hobby für uns, aber wenn man mal darüber hinausblickt, kann man über das Thema Ehrenamt durchaus streiten: Wie sehr wird tatsächlich wertgeschätzt, was alles funktioniert in diesem Bundesland, weil es dieses Engagement gibt? Manchmal wünsche ich mir fast einen Ehrenamtsstreik, damit deutlich wird, wie wichtig das wirklich ist. Ich finde es wichtig, sich zu engagieren – aber ich wünsche mir mehr Wertschätzung.

Haben Sie einen Rat für andere, die sich engagieren möchten?

Boltes: Einfach machen.
Röhr: Und sich der Zeit bewusst sein, die man hat: Was sind meine Kapazitäten? Was kann ich langfristig in meinen Alltag einbauen?

Wer mitmachen möchte, ist bei Magdeboogie herzlich willkommen. Unter www.magdeboogie.de gibt es alle Informationen.

 

Foto: Julia Röhr, Magdeboogie e. V.