Das Bauhaus-Themenjahr 2017 heißt Substanz

Donnerstag, 26. Januar 2017

Im Rückblick beschrieb Josef Albers, Bauhausschüler und -lehrer, sein pädagogisches Wirken am Bauhaus so: „First we seek contact with material…“ In seinem Vorkurs, den er ab 1923 leitete, arbeiteten die Studenten künstlerisch frei mit allen Arten von Materialien. Sie sollten so einen neuen Zugang zum Gestalten und Entwerfen entwickeln. Außerdem lernten die Studenten, die Materialeigenschaften verschiedener Stoffe zu analysieren. Die jungen Menschen sollten sinnlich und haptisch die Welt begreifen, um sie neu denken zu können.

Das Interesse am Material war nicht nur pädagogisch motiviert. Es war auch der Versuch, die bereits damals global organisierte Herstellung der industriellen Güter wieder greifbarer werden zu lassen. Heute formen digitale Prozesse und Smart Materials unsere Objektkultur. Die Debatte um die Substanz, um das Gegenüber von Materiellem und Immateriellem, ist bei den Gestaltern und Architekten hoch aktuell. Intelligente Materialien passen sich veränderten Umweltbedingungen an, sind energieautark oder haben ein Formgedächtnis. Gemeinsam mit den digitalen Anwendungen verändern sie gemeinsam unsere Wahrnehmung auf die Dinge, auf ihre Substanz und ermöglichen neue Formen und Nutzungen.

Unter dem Jahresthema Substanz fokussiert die Stiftung Bauhaus Dessau auf den Dialog zwischen Material und Gestaltung. Dabei geht es um die Substanz von Ideen, die Substanz als Stoff und Material. Aber auch substanzielle Formen und der Erhalt von Substanz sowie die Substanz des Bauhauses als Institution werden thematisiert. Vom Verständnis des historischen Bauhauses von Material und Substanz führt der Blick ins 21. Jahrhundert zur heutigen Rolle von Künstlern, Designern und Architekten als Mittler unserer materiellen Kultur.

Zwei Ausstellungen zum Jahresthema

Dazu finden zwei Ausstellungen statt. Die Schau „Handwerk wird modern. Vom Herstellen am Bauhaus“ findet in der früheren Weberei im Werkstattflügel des Bauhauses statt. Im Mittelpunkt steht nicht das Produkt, sondern die Lern- und Produktionsprozesse selbst. Über Exponate wie Skizzen, Unterrichtsaufzeichnungen, Materialstudien, Objekte, Fotos und Dokumente können Besucher Einblicke in die Prozesse des Entwerfens, Machens und Herstellens am Bauhaus gewinnen. Erstmalig sind auch Webstühle, Werkbänke, Werkzeuge, Materialproben und Maschinen aus der Weberei, der Holz- und Metallwerkstatt zu sehen. Dabei dokumentiert die Ausstellung auch das Spannungsfeld zwischen Experimentieren und industrieller Massenproduktion, in dem das Bauhaus agierte. Mit der „Do-it-yourself“-Kultur und der Crafter- und Makerbewegung scheint das Handwerk eine Renaissance zu erleben. Ein Blick zurück kann neue Einsichten zum Verständnis des Handwerks im 21. Jahrhundert ermöglichen. Aktuelle Designpositionen, die das Handwerk als kritische gestalterische Praxis entwerfen, treten in der Ausstellung in einen Dialog zum modernen Handwerk am Bauhaus.

Die Ausstellung „Smart Materials Satellites“ findet im Stahlhaus im Dessauer Stadtteil Törten statt. Sie ist als interaktiver Dialog zwischen Besucher und Forschern aus Wissenschaft und Kunst über die Dauer von drei Monaten modular angelegt. Die Besucher können im mobilen Laboratorium die Funktionsweisen der Smart Materials als autonome Materialien ausprobieren oder in Workshops Anwendungsmöglichkeiten erproben. Eine der Grundideen des Bauhaus war es, künstlerisch und experimentell gewonnene Materialerkundungen unmittelbar in gestalterische Anwendungen für die Alltagskultur umzusetzen. Die Ausstellung zeichnet diesen Ansatz im Kontext des zeitgenössischen Smart Living nach.

Ausstellungsinformation

Handwerk wird modern. Vom Herstellen am Bauhaus
Bauhausgebäude, 13. April 2017 – 7. Januar 2018

Smart Materials Satellites.
Stahlhaus, Dessau-Törten, 13. Juli – 22. Oktober 2017

Teilen

Kommentare

* = Pflichtfelder

Weitere Beiträge

Vorherigen Beitrag anzeigen Nächsten Beitrag anzeigen