Zwei Frauen – ein crossmediales Ziel

Montag, 21. Juni 2010 by KSA

Ein Doppelporträt über die zwei Initiatorinnen des Masterstudiengangs Cross Media, der nach zweijähriger Entwicklungsphase durch die letzte und höchste Instanz der Hochschule, den Senat, bestätigt worden ist. Ab Oktober können an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) bis zu 25 Studierende für den Online-Studiengang aufgenommen werden.

Wenn Christine Strothotte den Raum betritt, dann strahlt das ganze Prototypenlabor vor positiver Energie. Die Masterstudenten für Interaction Design im ersten Semester nehmen diese Kraft auf und stellen ihrer Professorin Papier-Modelle für ein Computerspiel vor. Die kleine, sportliche Frau in unprätentiösen Jeans und Shirt hört aufmerksam zu, fragt nach, regt an und gibt den Studenten das Gefühl, jeden Moment bei ihnen zu sein und genauso für das jeweilige Produkt zu brennen.

Es ist erst zehn Jahre her, dass die in Rostock Aufgewachsene das Fach Interaction Design mit einer eigenständigen Professur etablierte. Von Hause aus ist die drahtige 42-Jährige Informatikerin. Eigentlich wollte sie nach dem Abitur gern Germanistik studieren. Die rigide DDR-Schule aber meinte, das wäre nichts für sie, besser Informatik. Bereut hat sie das Studium an der TU in Dresden nie, im Gegenteil: „Ich habe mit Begeisterung studiert!“ Die Faktoren Gestaltung und Anwenderfreundlichkeit, neudeutsch „design“ und „usability“,  kamen im Rahmen ihrer Promotion an der Magdeburger Uni noch dazu. So war der Schritt zur Professur „Technologien für Interaction Design“ im Fachbereich Industriedesign im Jahr 2000 nur folgerichtig: „Das ist mein Traumjob!“ Jeder, der sie erlebt, glaubt das sofort.

Genau das gleiche Gefühl bekommt man, wenn Ilona Wuschig über ihren Fachbereich spricht. Die Professorin für TV und Medien schaut bei ihrer Kollegin Christine vorbei. Ilona Wuschig sei die Frau, „die noch schneller spricht als ich“, sagt Christine Strothotte über ihre Mitstreiterin. Das kommt wohl vom Fernsehen, für das die 54-Jährige ein halbes Berufsleben tätig war.

Erste Schritte beim WDR, noch als Volontärin moderierte sie eine Radiosendung, um dann wenig später in der Feature-Redaktion beim Fernsehen zu landen: „Ich war zu jung, um gleich zu verstehen, in welch begehrter Redaktion ich gelandet war.“ Es folgen Stationen als Moderatorin und Fernsehproduzentin. Private Veränderungen führen die studierte Politologin und Soziologin 1997 von Düsseldorf nach Magdeburg – zum MDR. Der Osten ist ihr nicht fremd. In Westberlin geboren, war sie immer wieder bei Verwandten im Osten zu Gast und Anfang der 90er-Jahre begleitete sie Johannes Rau bei Besuchen, z. B. beim damaligen Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe.

Die promovierte Journalistin kommt 2005 als ordentliche Professorin mit einer Menge Praxis im Gepäck an die Hochschule Magdeburg-Stendal. Da ist Christine Strothotte bereits erfolgreich mit der Spezialisierung Interaction Design und schaut gerade den Kollegen im kalifornischen Berkeley als Gastprofessorin über die Schultern. Sie kommt mit amerikanischer Gelassenheit und dem Wissen ums eigene Können zurück nach Magdeburg („Die kochen auch nur mit Wasser.“). Hier treffen sich die Wege der beiden Frauen. Sie verstehen sich auf Anhieb. Beide hoch motiviert, beide als Frauen mehr oder weniger „Einzelerscheinungen“ in ihren Fachbereichen, beide zu dem Zeitpunkt alleinerziehende Mütter. Und beide stellen immer wieder Schnittmengen in ihren Fächern fest, so dass sie schlussendlich zusammen mit befreundeten Journalisten und New-Media-Managern den Studiengang M.A. Cross Media „aushecken“.

Ein Projekt, das beide aus ihrer Perspektive sehen. Da ist die kreative Interaction Designerin, die sich als Anwältin des Nutzers sieht, die Benutzerfreundlichkeit für den Alltag will und jede Möglichkeit, die technischer Fortschritt bietet, begeistert aufgreift und in Produkt- und Projektideen für ihre Studenten umwandelt. Und da ist die engagierte Journalistin, die mit Enthusiasmus an die Ausbildung einer neuen Medien-Generation geht, bei der Inhalt trotz aller rasanten Entwicklungen an erster Stelle steht, bei der formatübergreifend Recherche das A und O ist, die journalistisches Arbeiten über die tradierten Bahnen hinaus denkt und auch in der Welt von Social Media zu Hause ist.

Hier treffen beide Fächer aufeinander. Neue technische Möglichkeiten bieten Inhalten neue Plattformen. Welche Nutzer-Bedürfnisse liegen vor? Welche Inhalte sollen kommuniziert werden?  Wie können diese Inhalte aufbereitet und dargestellt werden?  Wie funktioniert die dazugehörige Interaktion? Welche weiteren Service-Szenarien sind denkbar? All diese Fragen werden im Studiengang Cross Media, zusätzlich durch die Perspektive des Managementbereichs ergänzt, beantwortet.

Ihr „Baby“ ging kürzlich durch den Senat, also die letzte Instanz zur Zulassung des neuen Studienganges. Seit zwei Jahren arbeiten die beiden Professorinnen neben ihrer eigentlichen Arbeit in den Fachbereichen am Master Cross Media. Unzählige Seiten sind seitdem beschrieben, Konzepte entwickelt und modifiziert worden. Das Projekt überzeugte am Ende sogar das Kultusministerium von Sachsen-Anhalt, das den Online-Studiengang in sein Förderprogramm aufnahm. Entspannt und völlig unprofessoral sitzen die beiden Frauen vor dem Laptop, lachen und schwatzen einen Moment lang, um dann wieder konzentriert die Unterlagen durchzugehen. Stunden später passierte das Projekt erfolgreich den Hochschulsenat.

Wer so viel ackert, wie diese beiden Frauen, der darf auch mal ausspannen vom Hochschulleben. Während Christine Strothotte mit ihrer Lebensgefährtin und den beiden Kindern auf der Müritz rumschippert, geht Ilona Wuschig Inline-Skaten und Badminton spielen und bekocht dann gern den Lebensgefährten und Freunde. Was beide eint, ist die Affinität zu Büchern. Neben der aktuellen Bücherliste darf es bei der Journalistin auch mal ein Krimi sein und die Interaction Designerin hat schon seit einiger Zeit feministische Literatur für sich entdeckt. Das Leben „jenseits gängiger Normen“ interessiert Christine Strothotte. Da ist Ilona Wuschig voll bei ihr. Denn irgendwie läuft das Leben beider auf ungewöhnlichen Gleisen, das zeichnet sie aus. Ihr Leben ist immer im Fluss und beide Professorinnen sind sich der Prozesshaftigkeit bewusst. Das gilt auch für Cross Media: „Unser Studiengang atmet und lebt mit jedem Studenten, der von uns lernt und von dem wir lernen, jeden Tag neu. Wir werden nie fertig sein!“

Text: Hochschule Magdeburg-Stendal, Sabine Falk-Bartz

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